
herman de vries
how green is the grass?
27. Januar 2020 – 23. August 2020
Poetisch und radikal ist die lebenslange künstlerische Auseinandersetzung von herman de vries (geb. 1931) mit der Natur. Die retrospektiv angelegte Ausstellung im Georg Kolbe Museum in Kooperation mit dem Umweltbundesamt vereint zentrale Werke aus den vergangenen 50 Schaffensjahren des deutsch-niederländischen Künstlers. Seit seiner Präsentation auf der Biennale in Venedig (2015) zählt er zu den einflussreichsten Protagonisten der Environmental Art. Über die informelle Malerei im internationalen Umfeld der Gruppe ZERO entstand seine Beschäftigung mit der Natur. Die genaue Beobachtung ihrer zyklischen Prozesse und allumfassenden Gesetzmäßigkeiten bilden die Grundlage seiner Arbeit. Seit den 1970er-Jahren lebt herman de vries zurückgezogen im fränkischen Steigerwald, geht dort und weltweit auf ausgedehnte Streifzüge. Gesammeltes archiviert und katalogisiert er in eindrucksvoller Vielfalt und bringt seine naturwissenschaftlich genauen Studien zurück in die Kunst. Wie kein zweiter Künstler wendet er sich früh der in Schieflage geratenen Beziehung von Mensch und Natur zu und hat fernab von schnelllebigen Kunstströmungen ein stringentes Werk geschaffen, das in der heutigen Zeit – nicht nur durch die „Fridays for Future-Bewegung“ und die spürbaren Auswirkungen der Klimakrise – brandaktuell ist.
herman de vries, 1931 im niederländischen Alkmaar geboren und seit 1970 in Eschenau im Steigerwald lebend, von Hause aus ausgebildeter Gärtner, war in den 1960er-Jahren Mitarbeiter des „Instituts für angewandte biologische Forschung in der Natur“ in Arnheim. Im Jahr 1959 gründete er gemeinsam mit anderen Künstler*innen die Gruppe niederländischer Informeller, die sich 1960 zur Gruppe „nul“ formierte und ZERO nahestand. Ab 1969 unternahm er zahlreiche Reisen nach Afrika und Asien. Mit der Ansiedlung im fränkischen Eschenau rückt die Natur in den Fokus seiner Arbeit. Auf seinen Wanderungen durch den nördlichen Steigerwald, den herman de vries als „sein Atelier“ bezeichnet, sammelt er Naturartefakte, die er später in ein Werk verdichtet. Auch auf seinen Reisen führt er diese Sammeltätigkeit und die Spurensuche fort. Daraus entsteht im Laufe der Zeit ein Archiv von über 9.000 Erdproben – jede einzelne mit Angaben zu Fundort und -datum versehen –, die er selbst gesammelt hat oder die Sammler*innen ihm schickten. Aus diesem Fundus entnimmt de vries das Material für seine „Erdausreibungen“, fein zerstoßene Erde auf Papier ausgerieben, die in ihrer vielschichtigen Farbigkeit auf die Funktion des Bodens als Archiv der Natur- und der Kulturgeschichte, aber auch auf die Vielfalt der Natur hinweisen. Spätestens seit der ZERO-Ausstellung im New Yorker Guggenheim Museum (2014) und mit der Präsentation im holländischen Pavillon auf der Biennale in Venedig erlangte herman de vries nach Jahrzehnten konsequenten Schaffens ein breites mediales Interesse.
Die Ausstellung ist als Kooperationsprojekt des Georg Kolbe Museums und des Umweltbundesamtes entstanden und wurde von Dr. Julia Wallner (Georg Kolbe Museum) und Fotini Mavromati (Umweltbundesamt) gemeinschaftlich kuratiert.